Bestellt und nicht abgeholt: Die "Granitbramme" von Korsika


Ein Ort für Urlaub
Im Nordwesten von Korsika liegt die kleine Genueserfestung Algajola auf einem Granitfelsen. In der Macchia südlich der gleichnamigen Bucht liegt ein alter Steinbruch, in dessen Teich schon manche Generation von Fröschen groß geworden sein mag. Der Steinbruch bietet eine Denkwürdigkeit, die in der Gegend als Monolith bezeichnet wird: Ein Säulenstück, das so groß geraten ist, dass seine Auftraggeber es schließlich doch lieber nicht abholten.

Bild: Bucht von Algajola mit Tankstelle und Steinbruch
 
Ein Stein für Napoleon
Nachdem aus dem schönen Naturstein 1806 schon der Sockel für die Napoleon-Säule auf der Place du Vendôme in Paris geschlagen wurde, bestellte die korsische Stadt Ajaccio 1837 einen Säulenschaft für ein Denkmal des berühmten Korsen in ihrer Stadt. Die Maße waren außerordentlich: Mit 17,5 m Länge und 2,5 m Durchmesser hat sie ein Gewicht von 270 Tonnen. Man schaffte es nur, sie bis zum Ausgang des Steinbruchs zu rollen. Dort liegt sie heute noch, weil es nicht gelang, sie zum Strand und von dort aufs Schiff zu transportieren.

Bild: Säulenstück am Rande des alten Steinbruchs
 
Ein Granit, der keiner ist
Das magmatische Gestein ist ein Monzonit, der vergleichbar einem Stahlguss, nur über wesentlich längere Zeit, aus einer Gesteinsschmelze erstarrt ist. Es besteht aus cm-großen, rosa Kalifeldspat-Kristallen, weißen Plagioklasen und schwarzer Hornblende und Biotit. Von einem echten Granit unterscheidet es sich in seinem geringen Quarz-Gehalt.

Bild: Monzonit im frischen Bruch
 
Ein Besen macht den Anfang
Um ein solch riesiges "Gussstück" aus dem Steinbruch herauszuarbeiten, muss ein Gesteinsblock gefunden werden, der über die Länge des geplanten Werkstücks keine Risse aufweist. Dafür haben die Steinbrecher von 1837 die Oberfläche des Steinbruchs gefegt und sorgfältig nach Rissen abgesucht. Erst dann konnten sie mit dem Herausarbeiten der Säule beginnen. Stellen Sie sich vor, die Säule wäre nach halber Arbeit zerbrochen!

Bild: gefegte Oberfläche des Steinbruchs
 
Eine Kluft ist erlaubt
Am Südrand des Steinbruchs verläuft eine Kluft, also ein natürlicher Riss im Gestein, die durch Verwitterung unter dem ehemaligen Boden leicht vertieft liegt. Die nächsten Klüfte folgen erst in einem Abstand von ca. 20 m weiter nördlich. Ein ausreichender - und ungewöhnlich großer - Abstand, um Chancen auf eine unzerbrochene Säule zu haben.

Bild: südliche Grenzkluft der Abbaufläche
 
Ein Gedanke zum Schluss
Frankreich ist ein großes Land. Das napoleonische Frankreich war noch viel größer. Napoleon ist aber mit seinem Plan einer hierarchisch aufgebauten europäischen Satellitensystems gescheitert. Die Säule von Algajola scheint mehr als jedes Napoleon-Standbild als Mahnmal für diese Politik zu stehen. Die Steinbrecher tragen jedenfalls nicht die Schuld.
Ein Weg für Besucher
Sie erreichen den Steinbruch wie folgt: Auf der Landstraße von L'Ile-Rousse nach Calvi liegt ca. 2 km vor Algajola rechts eine Tankstelle (derzeit "Total"). Rechts der Tankstelle geht ein Feldweg ab, der mit einem verwachsenen Schild "Monolith" gekennzeichnet ist. Er gabelt sich nach kurzem, hier rechts leicht ansteigend. Nach ca. 100 m erkennt man im Gebüsch Felsen. Dort ist der Steinbruch.


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